Eine Frage des Betreibermodells: Ausschreibungen bei Wärmenetzen

Wärmenetze stehen auf der klima- und versorgungspolitischen Agenda ganz oben. Mit der Nahwärme stellt sich die Frage nach dem Betreibermodell – und damit auch die nach der Ausschreibungspflicht. Welchen Ausschreibungspflichten unterliegt die Kommune beim Eigenbetrieb? Gelten die auch, wenn eine Genossenschaft oder ein Contractor das Netz betreibt?

Die drei möglichen Betreibermodelle

  1. Eine Gesellschaft mit kommunaler Beteiligung
    ... z.B. ein Eigenbetrieb wie das kommunale Stadtwerk oder eine  GmbH mit kommunaler Mehrheitsbeteiligung.
  2. Eine Energiegenossenschaft
    ... an der die Kommune ggf. Anteile gezeichnet hat.
  3. Eine privatwirtschaftliche Lösung
    ... z.B. mit einem externer Energieversorger oder Dienstleister

Ausschreibungspflicht für Wegenutzung? Eher nicht!

Für einen Eigenbetrieb gelten die üblichen Ausschreibungspflichten gemäß VOB, VOL bzw. Unterschwellenverordnung und darin festgelegte Ausschreibungsgrenzen.

Bei einer Genossenschaft oder einem privaten Versorgers besteht ggf. eine Ausschreibungspflicht für die Gestattung der Wegenutzung. Vergaberecht, Energiewirtschaftsrecht und Konzessionsrichtlinie beurteilen diese Frage eher negativ:

  • Gemäß Vergaberecht kann keine Ausschreibung verlangt werden, da es sich bei der Zurverfügungstellung des Straßenraums um keinen Beschaffungsvorgang handelt.
  • Das Energiewirtschaftsrecht findet nur Anwendung auf die Bereiche Gas und Strom, nicht jedoch auf den Bereich Wärmenetze.
  • Das Konzessionsvergaberecht verlangt keine Ausschreibung für Nahwärme.

Ausschreibungspflicht für den Netzbetreiber? Nicht unbedingt!

Zeichnet sich infolge einer Machbarkeitsstudie oder eines Quartierskonzepts der Bau eines Wärmenetzes ab, bieten sich regionale Energieversorger oder Contractors der Gemeinde oft als Betreiber an. Bürgermeister und Kämmerer müssen dann entscheiden ob eine Ausschreibungspflicht entsteht.

Sind keine kommunalen Gebäude betroffen, kann die Kommune die Projektierung des Wärmenetzes dem Anbieter der Wahl überlassen,  z.B. dem mit dem besten Angebot.

In der Regel soll das geplante Netz allerdings auch kommunale Liegenschaften versorgen. Dann handelt sich um einen Beschaffungsvorgang – und damit greift das Vergaberecht. Allerdings bedeutet das nicht unbedingt eine Ausschreibungspflicht. In vielen Fällen lässt sich diese nach technischer und vor allem rechtlicher Prüfung umgehen.

Ausschreiben oder nicht: Drei Projektbeispiele

Aus Projekten von endura kommunal sind Wärmenetze mit unterschiedlichen Konstellationen und Ausschreibungspflichten entstanden. Hier drei Beispiele:

Stadtwerke Rheinfelden (Baden)
Die Stadtwerke Rheinfelden (Baden), ein 100%iger Eigenbetrieb der Stadt, sind Betreiber des kommunalen Wärmenetzes. Die technische und kaufmännische Betriebsführung wurde ausgeschrieben und liegt bei den Elektrizitätswerken Schönau (EWS). Zur Webseite der Stadtwerke Rheinfelden (Baden)

Nahwärmeversorgung Teningen GmbH
Die Nahwärmeversorgung Teningen GmbH gehört zu 75,1 % der Gemeinde Teningen. Die Gesellschaft ist Betreiber des Wärmenetzes. Damit entfiel die Betreiber-ausschreibung. Bauleistungen müssen natürlich nach VOB, VOL ausgeschrieben werden. Zur Webseite der Nahwärmeverorgung Teningen GmbH

Nahwärme Steinen-Höllstein
Das Wärmenetz in Steinen-Höllstein soll in den nächsten Jahren entstehen. Da nur private Gebäude an das Wärmenetz angeschlossen werden, besteht keine Ausschreibungspflicht für die Kommune. Der Betreiber wird über ein frei definiertes Projektentwicklerauswahlverfahren unter Regie von endura kommunal ermittelt. 

Fazit:

Für die Ausschreibungspflicht gibt es keine goldene Regel. Spätestens bei der Auswahl des Netzbetreibers kann eine fachanwaltliche Beratung der Kommune viel Ausschreibungs-Aufwand ersparen.