Energiepotenziale bündeln: Wärmenetz 4.0 in Wunsiedel

Einen wichtigen Beitrag zur Energiewende: So nennt das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie das Modellprojekt "Wärmenetz 4.0". Was macht dieses Projekt so besonders?

Wärmekonzept über das Quartier hinaus

Die Stadtwerke Wunsiedel, ein Unternehmen in kommunaler Hand, investieren seit Jahren in nachhaltige Projekte: von Windenergieanlagen bis zur Pelletsproduktion aus regionalen Holzabfällen, von PV-Anlagen bis zu Regiostrom-Angeboten an die Haushalte. In drei Quartieren existieren leistungsfähige Nahwärmenetze. Jetzt bricht die Stadt das „Quartiersdenken“ auf.

Die nun beginnende Machbarkeitsstudie erkundet den besten Weg, die Wärme-Potenziale der gesamten Stadt in einem Netz zu verbinden. Das umfasst Wärmequellen und Wärmesenken, die  

  • schon genutzt werden
  • zur Zeit brach liegen
  • in absehbarer Zeit entstehen
  • in privater, öffentlicher oder  industrieller Hand sind
  • Standard- oder High-End- Technologien nutzen.

Mit dem Lob aus dem Minusterium erhielten die Stadtwerke Wunsiedel eine Fördermittelzusage, die die Finanzierung der Machbarkeitsstudie sichert.

Warum 4.0?

Ein Netz mit so unterschiedlichen Akteuren erfordert eine komplexe Steuerung. Seit 2016 werden intelligente Smart-Home- und Energiemanagementsysteme im Versorgungsgebiet Wunsiedel installiert. Es ist geplant, die Regelungstechnik im Rahmen des Projektes auf den Bereich Wärme auszuweiten.

Das untersucht die Machbarkeitsstudie

1. Vorhandene Potenziale
 

Bestehende Wärmenetze
Im Nordosten des Ortes liegt das Wärmenetz Holenbrunn. Eine Biogasanlage speist zwei Blockheizkraftwerke.
Im Westen liegen die Wärmenetze Schönbrunn und Breitenbrunn. In Breitenbrunn speist ein Gas-BHKW Wärme ein. In Schönbrunn befindet sich eine große Heizzentrale mit Pelletvergaser, BHKW und Spitzenlast-Pelletkessel. In allen Netzen werden Möglichkeiten zur Nachverdichtung geprüft.

Eigenbetriebe im Industriepark der SWW
Die WUN Bioenergie GmbH produziert jährlich ca. 38.000 t Pellets aus regionalem Restholz. Die WUN Pellets GmbH produziert ca. 100.000 t Pellets aus möglichst regionalen Holzreststoffen. Beide Unternehmen sollen als Wärmesenken (z.B. für Trocknung der Pellets etc.) in einem Wärmenetz 4.0 untersucht werden.

Unternehmen mit energieintensiver Produktion
Wunsiedel ist traditioneller Standort  der Glas- und Keramikindustrie. Diese und andere energieintensiven Produktionsprozesse sind als Wärmesenken und auch als Abwärmequellen interessant. Ihre Integration das Wärmenetz 4.0 wird geprüft.

Die Kläranlage
Das Klärgas der Kläranlage von Wunsiedel, Bad Alexandersbad und Tröstau wird bereits jetzt genutzt. Die Anlage ist eine (Ab-)Wärmequelle und eine Wärmesenke. Das Wärmenetz 4.0 könnte die Versorgung der Spitzenlastkessel und der geplanten Klärschlammtrocknung dauerhaft sichern.

2. Potenziale im Aufbau
 

Erweiterung Wärmenetze
Im Zentrum des geplanten Netzgebietes liegt der Kernort Wunsiedel. Hier sollen demnächst Mikronetze entstehen. Für den Ortsteil Sinatengrün ganz im Nordosten des Stadtgebiets liegen noch keine Nahwärme-Pläne vor. Die Machbarkeitsstudie prüft das Abnahmepotenzial und die mögliche CO2 Einsparung durch eine Integration ins Wärmenetz 4.0.

Glasfaserausbau
Ab 2019 ist die Erneuerung der Datennetz-Infrastruktur geplant. Die Machbarkeitsstudie wird sie sinnvoll mit dem Wärmenetz 4.0 verknüpfen, z.B. hinsichtlich der Nutzbarkeit für ein Lastmanagement.

Wirtschaftliche Potenziale und CO2-Reduktion in kommunalen Unternehmen
Die WUN Bioenergie GmbH plant fünf weitere Pelletvergaser. Die Erlöse der Strom-einspeisung sollen die Anlagen finanzieren. Die Wärme ließe sich im Wärmenetz nutzen. Die bestehenden Erdgas-BHKWs würden ggf. nicht mehr benötigt.

Geplante Produktionsanlagen
Ein Stromspeicher, ein Sägewerk, eine Brauerei: Eine Reihe Unternehmen planen, sich in den nächsten Jahren in der Stadt anzusiedeln. Die Machbarkeitsstudie wird ihre Potenziale proaktiv untersuchen und die wirtschaftliche Einbindung in das Wärmenetz 4.0 prüfen.

3. Intelligente Steuerung
 

Wunsiedel nimmt am europäischen Forschungsprojekt GOFlex zur Einführung und Integration von Smart-Grids teil. Seit 2016 werden Smart-Home- und Energiemanagementsysteme in Haushalten installiert. Für das Wärmenetz 4.0 soll durch die Siemens-Datenplattform MindSphere der Wirkungsbereich einer Regelungstechnik auf die Wärmeversorgung ausgedehnt werden.

Hier eine grafische Übericht aller Elemente der Machbarkeitsstudie (PDF) zum Download.

Was passiert in den nächsten Monaten?

Viele EE-Projekte in Wunsiedel hat endura kommunal bereits begleitet. Unsere Geschäftsstelle in Bayern wird das Wärmenetz 4.0 direkt vor Ort betreuen.

In der Machbarkeitstudie werden wir Grundlagen ermitteln und in einer Vorplanung die Kosten schätzen. Das wird etwa sechs Monate dauern. Auch die Bürgerschaft ist eingebunden. Informationsveranstaltung, lokale Medien und Fragebogenaktionen begleiten das Projekt von Beginn an.